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ERLEND ØYE

Erlend live - als vertrackt verträumter DJ und als seelenvoller Gitarrenmusiker.



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"Für mich wird ein Song immer neu und besonders sein,
wenn jemand Geschichten aus seinem Leben erzählt."


Ein Interview mit Erlend Øye




Gestatten Sie. Mein Name ist Erlend Øye. Sicherlich sind Sie mit einschlägigen Fachmagazinen vertraut und haben schon von mir gehört. Aber ein für allemal: Ich bin nicht der Nerd, den so mancher hinter meinen Schuhen mit Klettverschlüssen, meinem schlaksigen Auftreten und dieser etwas großen Brille vermuten mag. Bei meinen Auftritten jedenfalls rede ich gerne, und wenn ich auflege, plapper ich schon mal dazwischen oder singe den Refrain mit.

Überrascht ? Nur weil ich in Norwegen aufgewachsen bin, heißt das doch nicht das ich den ganzen Tag einsam vor Holzhütten sitze. Trotzdem: Norwegen. Das ist meine Heimat. Bergen, um genauer zu sein. Und aus Bergen kommt auch einer meiner besten Freunde: Eirik Glambek Boe. Sie ahnen es wohl schon, wir machen zusammen Musik. Zumeist traurige Akustik-Songs, die das Leben so beschreiben, wie es eben ist: Kompliziert.

Wir nennen uns dann "Kings of Convenience" und mit unserem letzten Album "Quiet is the New Loud" hatten wir sehr großen Erfolg. Ihr solltet davon gehört haben. Denn der Name unseres Albums gefiel vielen so gut, dass man damals kurzerhand das "New Acoustic Movement" ausrief.

Aber was rede ich - das ist alles schon lange her, und ich bin gekommen, um über mein Soloalbum zu reden. Sagte ich es schon? Es heißt "Unrest". Ein guter Name für mein Album, wie ich finde, denn für die Aufnahmen bin ich sehr viel gereist, in zehn verschiedene Städte, und habe mit zehn unterschiedlichen Produzenten zehn wunderbare Elektro-Pop Tracks aufgenommen. Man könnte auch "emotionale Tanzmusik" dazu sagen, aber wehe, ich höre von irgendjemanden etwas wie "Elektro is the New Pop"...




Michael: Ich habe gehört, es hat Dich inzwischen nach Berlin verschlagen. Und das ist schon interessant, denn Berlin gilt momentan für viele Menschen als der Ort, an dem es gilt zu sein.

Erlend: Es ist komisch, ich weiß. Aber das coole ist, dass die Menschen, die dort hinziehen all die jungen Menschen sind, die Dinge wie Kunst und Musik machen wollen. Gleichzeitig gibt es aber nicht so viele Unternehmen, die dort hinziehen. Nehmen wir zum Beispiel New York: das ist auch ein Ort der viele junge Menschen anzieht, die einfach eine gute Zeit haben wollen. New York zieht aber auch viele Menschen an, die zum Beispiel Börsenhändler werden wollen. Und diese Typen machen dann einen Haufen Kohle und nehmen die besten Wohnungen. In Berlin ist das ein bisschen anders, das heißt, dass Menschen wie ich eine wirklich schöne Wohnung haben. Und ich bin mir sicher, ich hätte keine schöne Wohnung in New York, weil dort bereits der Typ wohnen würde, der die Firma XXX leitet.

Dadurch, dass eben scheinbar viele junge, kreative Menschen dort hinziehen, ist Berlin bestimmt auch ein guter Ort um sich musikalisch zu betätigen. Hast Du schon so etwas wie eine "Szene" für Dich entdeckt ?

Ich kenne Menschen über die ganze Stadt verteilt. Einige stehen auf Indie-Musik, andere machen Techno. Deshalb gehe ich manchmal in die "Panorama Bar" und tanze bis sieben Uhr morgens zu "Crazy Dance Music". Oder ich gehe zum Prenzlauer Berg auf Indie-Konzerte. Aber das eigentlich Coole ist: Dadurch, dass ich nicht aus Berlin oder nicht aus Deutschland komme, ist es für mich viel einfacher, nicht Teil einer bestimmten Gruppe zu sein. Ich kann aus einem großen Angebot einfach auswählen. Und es stellt sich nicht die Frage: Milch oder Honig - sondern man nimmt einfach beides.

Als ich hörte, dass Du jetzt in Berlin lebst und die elektronische Musik für Dich entdeckt hast, musste ich lustigerweise auch kurz an David Bowie denken. Weil es mit David Bowie ähnlich war. Er kam nach Berlin und wurde auf einmal experimenteller und elektronischer.

Ich denke, einer der Gründe warum es David Bowie in Berlin gefiel, ist wohl, dass er anfangs ein Outsider war. Er kam neu in die Stadt und konnte sich einfach für das entscheiden, was ihm zu der Zeit gefiel. Ich glaube nämlich, wenn man - wie ich - in einer Stadt in Bergen gelebt hat, ist es doch so: Die Menschen nehmen dich für selbstverständlich und sie denken, sie wissen genau wer du bist - und umgekehrt mache ich das natürlich auch. Aber das Problem daran ist, dass du nicht wirklich das Potenzial der Menschen um dich herum und der Stadt, in der du lebst, erkennst. Weil man sich einfach daran gewöhnt, wie es eben ist. Irgendwann kann man es sich gar nicht mehr anders vorstellen. In einer neuen Stadt hingegen gibt man vielem mehr von einer Chance.

Zu welchen Zeitpunkt enstand für Dich die Idee, ein elektronisches Album aufzunehmen ?

Das fing alles mit den Röyksopp-Stücken an. 2001 war ich dann bei einem tollen Festival in Finland, bei dem großartige Bands wie OP:L Bastards oder Mr. Velcofaster gespielt haben. Ich bin dann zu diesen Bands hingegangen und habe einfach gefragt: Hey, wollt Ihr einen Song mit mir machen? Und sie waren einverstanden. Irgendwann dachte ich mir dann: Ich kann überall Menschen finden, die einen Song mit mir aufnehmen. So kam es zu der Idee, in zehn Städte zu fahren, in jeder Stadt einen Song aufzunehmen, und fertig ist ein ganzes Album. Und das coole ist: Es ist wahnsinnig schwierig Menschen zu finden um ein ganzes Album zu produzieren, weil es enorm viel Arbeit bedeutet. Aber es ist sehr einfach, Menschen zu gewinnen um einen Song mit mir aufzunehmen. Es braucht vielleicht eine Woche, auf alle Fälle nicht zuviel Zeit, und dadurch wird es einfach, die Menschen für die Sache zu begeistern. Natürlich ist es auch eine wunderbare Art, von vielen verschiedenen Menschen einiges über elektronische Musik zu erfahren.
Und auch das Reisen war eine besondere Erfahrung. Meistens ist es ja so, dass man während einer Reise sehr viel kreative Energie bekommt, nur ist es oft schwer, diese dann auch zu nutzen, weil man so schnell wieder die Orte wechselt. Also dachte ich mir, ich bleibe in den Städten für eine Woche oder mehr, und es würden bestimmt viele Dinge von allein passieren, Dinge über die ich dann schreiben könnte.


Erstaunlich finde ich, dass trotz der 10 unterschiedlichen Produzenten Dein Album sich wie etwas ganzes, etwas in sich geschlossenes anhört.

Das hat bestimmt damit zu tun, dass ich sehr in dem ganzen Entstehungsprozess eingebunden war. Ich wusste genau, was ich machen wollte, und gleichzeitig benutzen einige Künstler vielleicht auch die gleichen Maschinen. Aber es gab auch nie die Idee, so etwas wie ein "ethnic" album zu machen. Ich hatte einen bestimmten Sound im Kopf, als ich mit dem Projekt anfing, so etwas "elektro breakdance". Aber ich brauchte eben verschiedene Menschen, um unterschiedliche Melodien auszuarbeiten. Trotzdem ist es für mich sehr einfach, die einzelnen Künstler herauszuhören, und ich glaube auch, dass Menschen, die auf elektronische Musik stehen, die einzelnen Künstler schnell raushören. Dennoch es ist schon irgendwie etwas Ganzes.

Was war der Unterschied in der Herangehensweise bei den Elektro-Tracks im Vergleich zu den Kings of Convenience-Songs?

Ich versuchte, einfach das zu machen, was ich auch mit den Kings of Conveniece gemacht habe. Diesmal eben nur in einem anderen Format, damit ich auch andere Menschen erreichen kann. Ich glaube, man kann bei den Songs auf meinem Album ein ähnliches Gefühl haben wie bei den Kings of Convenience-Stücken. Wenn man dann aber auf der Tanzfläche ist und dieser Song kommt, der dich umhaut, dann kann das noch viel unglaublicher sein, weil man vielleicht emotional offener ist, wenn man gerade tanzt.

Wie ist es wenn Du die Texte schreibst - hast Du eine bestimmte Rolle von einem Menschen im Kopf, oder bist das einfach Du ?

Ich schreibe sehr persönlich, 90% ist bestimmt selbst biographisch. Es gibt ja immer diese Menschen, die davon reden, dass sie neue und innovative Musik machen, aber für mich wird ein Song immer neu und besonders sein, wenn jemand Geschichten aus seinem eigenen Leben erzählt. Denn keine andere Person könnte diese Geschichte erzählen, und niemand könnte genau diesen Song daraus machen. Für mich wird ein Song dadurch "fresh", und die Tatsache, dass ein Song persönlich ist, ist mir wichtiger, als dass er innovativ ist.

Auf alle Fälle triffst Du damit bei mir und bestimmt bei vielen anderen auf viel Verständnis. Da gibt es zum Beispiel diesen Song über das Mädchen "toxic girl", dass nur bei einem bleibt, wenn man sie unterhalten kann.

Wahrscheinlich sind die Leben der Menschen auch nicht wirklich verschieden. Aber es ist ja auch einfach gut, zu wissen, dass auch andere Menschen das durchmachen. Wenn man Musik hört, die gerade deine Stimmung einfängt, gibt es dir einfach ein gutes Gefühl, weil jemand versucht, dir zu erklären warum Du beispielsweise traurig über eine "Girl Situation" bist. Und dann kann alles so heilsam werden, wenn man Musik hört, die das beschreibt.

Schon komisch: Man hört traurige Musik und zieht daraus etwas Postives für sich selbst.

Aber das gilt wohl nicht für jeden. Denn es gibt es auch immer Menschen, die denken: "Ach, das ist boring bullshit". Aber manchen Menschen - wie zum Beispiel uns beiden - gibt diese Musik tatsächlich einfach ein gutes Gefühl.

Das Interview führte Michael Bartlewski.


 erlendoye.com
 astralwerks.com/erlend_oye - Erlends Label-Site
 kingsofconvenience.com

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